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Beitrag vom 13.11.2008
Egoiste - Lotti Latrous
Franziska Nixdorf
Anspichlers Dokumentation über Lotti Latrous zeigt eine Frau, die sich aus Hilfsbereitschaft und Überzeugung gegen den Reichtum und für das Leben inmitten der afrikanischen Elendsviertel entschied.
Der Film Egoïste - Lotti Latrous:
Die in der Boulevardpresse als Schweizer "Mutter Teresa" bezeichnete Lotti Latrous ließ ihr altes Leben hinter sich, um sich vollständig den Hilfsbedürftigen in den Slums von Abidjan (Elfenbeinküste) zu widmen. Sie leistete Beistand, gründete Einrichtungen und gab den Todgeweihten das Gefühl, nicht alleine zu sein. Doch bis heute sieht sich die 55-Jährige als Egoistin, die ihren Mann und ihre drei Kinder im Stich ließ, um ihrer Berufung zu folgen. Das schlechte Gewissen nagt an ihr und begleitet sie jeden Tag auf Wegen zwischen kranken und halbtoten Kindern und Erwachsenen, die kaum ein anderer freiwillig und so selbstlos gehen würde.
Der Film porträtiert mit zahlreichen bewegenden Zwischentexten und Zitaten der Familie Latrous und mit schockierenden Aufnahmen von HIV-und Aids-Kranken die Passion einer Frau, die nicht anders konnte als zu helfen. Regisseur Anspichler geht auf die Suche nach ihren Motiven und Beweggründen und nach der Kraft, die sie seit Jahrzehnten für ihre Leidenschaft aufbringt. Gleichzeitig zeigt er die innere Zerrissenheit einer Familie, die zwischen Trennungsschmerz und seltenem Wiedersehen gelernt hat, sich zu arrangieren und fest zusammenzuhalten.
Zu Lotti Latrous:
Lotti Latrous wurde 1953 in Dielsdorf (Schweiz) geboren, wuchs in Regensberg auf und ging mit sechzehn Jahren als Au-Pair nach Genf, um die französische Sprache zu lernen. Dort traf sie ihren späteren tunesischen Ehemann Aziz Latrous, mit dem sie ein wohlhabendes und sorgenfreies Leben führte. Beide verbindet bis heute eine Liebe, die auch über große räumliche und zeitliche Distanzen niemals erlosch. Aufgrund der Arbeit von Aziz Latrous als Nestlé-Direktor zog die Familie mit den Kindern Sonia, Selim und Sarah von Jeddah über Nigeria und Kairo in die Wirtschaftsmetropole der Elfenbeinküste (Westafrika), Abidjan. Das Elend durch Armut und Krankheit, das Lotti Latrous dort während ihrer Arbeit im "Mutter Teresa"-Krankenhaus erleben musste, weckte in ihr das Bedürfnis, zu helfen. Lotti Latrous veranlasste den Bau eines Ambulatoriums im Elendsviertel von Abidjan. Kurz nach der Eröffnung der Einrichtung wurde Latrous´ Ehemann von Nestlé nach Kairo versetzt. Doch Lotti Latrous erkannte in ihrem engagierten Handeln ihre Berufung und entschied sich im Sinne der wohltätigen Arbeit gegen das Zusammenleben mit ihrer Familie.
Auszeichnungen für Lotti Latrous:
Aufgrund ihres selbstlosen Einsatzes für Aids-Kranke in Afrika gewann Lotti Latrous im Jahre 2002 den renommierten Adele-Duttweiler-Preis. Im Dezember 2004 wurde sie von den LeserInnen der "Bild der Frau" zur "Frau des Jahres" gewählt und erhielt am 8. Januar 2005 anlässlich des "Swiss Awards" den Titel der "Schweizerin des Jahres 2004".
Zu Stephan Anspichler:
Der Regisseur wurde 1981 in Breisach am Rhein geboren, wo er zusammen mit seinen beiden älteren Geschwistern aufwuchs. Nach dem Realschulabschluss begann Anspichler eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete zusätzlich als freier Journalist für Tages- und Wochenzeitungen sowie Fachmagazine. Er holte das Abitur nach und machte Theatererfahrungen am Stadttheater Freiburg, welche durch die Zusammenarbeit mit Film- und Theaterregisseur Didi Danquart und Operregisseur Philipp Himmelmann geprägt waren. 2004 schloss er sein Filmstudium an der New York Film Academy ab, wobei Anspichler für seinen Abschlussfilm "York Street 1929" mehrere Auszeichnungen erhielt. 2005 begann die Arbeit an seinem ersten Kino-Dokumentarfilm "Egoïste – Lotti Latrous". Stephan Anspichler ist Gründer der "York Street Productions International", einer in Hamburg ansässigen Filmproduktionsgesellschaft. Derzeit dreht der Regisseur seinen zweiten Dokumentarfilm "Bridge to Howrah" und bereitet seinen ersten Kinospielfilm mit internationaler Besetzung vor.
AVIVA-Tipp: Den eigenen Sinn des Lebens zu finden klingt wie eine Aufgabe, die unlösbar erscheint. Doch wenn er einmal gefunden wurde, ist es schwierig, der Logik oder Vernunft den Vorrang zu lassen. Lotti Latrous erkannte, dass sie in der Unterstützung von Aidskranken ihre Berufung gefunden hatte und auch wenn ihr Entschluss umstritten war und immer noch ist, wird er von vielen als die mutigste und beeindruckendste Entscheidung einer starken Frau angesehen.
Weitere Informationen zum Film finden Sie unter:
www.egoiste-film.com
Weitere Informationen zu Lotti Latrous finden Sie unter: www.lottilatrous.ch
Egoïste – Lotti Latrous
D/CH 2007
Verleih: York Street Productions International
Regie: Stephan Anspichler
Mitwirkende: Lotti Latrous, Aziz Latrous, Selim, Sonia und Sarah Latrous
FSK ab 12 Jahren
Laufzeit: 92 min
Kinostart: 13. November 2008